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7. Sonntag nach Pfingsten (3. Juli 2005) Mt. 7:15-21.

Das heutige Evangelium ist demjenigen, der der Tradition treu geblieben ist, nur allzu gut bekannt. Es wird fast immer auf die wahrhaft katastrophalen Folgen des Pseudokonzils, des zweiten Vatikanums angewendet. Dies an sich zu recht, denn an den Früchten erkennt man den Baum. Wenn die sogenannte „katholische“ Kirche, die Johannes Paulus II. die „Kirche des Neuen Advents“ nennt, ein Hort der Homosexuellen, der Kinderschänder und vor allem der Häretiker ist, wenn der Papst mit anglikanischen, als Bischof verkleideten Laien gemeinsam den Segen spendet, den Koran als „heiliges Buch“ verehrt und küsst und mit Animisten deren satanische Rituale am Togosee in Kamerun praktiziert, dann muss man nicht nur dem Irrtum der Sedisvakantisten mit grösstem Verständnis begegnen, sondern auch das Herrenwort des heutigen Evangliums bedenken, woraus alleine schon klar wird, dass die Reformen der letzten sechzig (!) Jahre kein Werk der Kirche sind.

Dennoch irrt man, wenn man das Gewicht des heutigen Evangeliums auf die Irrtümer der Lehre verlegt, denn das ist nicht die Botschaft Christi:

In den zwei Sätzen vor dem Evangelientext spricht Christus vom breiten Weg in die Hölle und dem schmalen Pfad in den Himmel. In diesem Kontext ist das Folgende zu verstehen.

Wenn der Christ vor der Wahl des Weges steht, dann wird er bald von einigen Wegweisern umgeben sein. In der Zeit des Alten Testamentes waren das die Propheten. Darum spricht Christus von den falschen Propheten. Sie sind Wölfe im Schafspelz, das heisst sie tun so, als ob sie zur Herde gehörten, sind aber unter dieser Verkleidung rücksichtslose Egoisten, wenn nicht noch schlimmeres (Hochmut oder gar Satanismus sind schlimmer!). Ihr Schafspelz ist die äussere Demonstration ihres allzu braven Christentums. Sie gewinnen das Vertrauen der anderen Mitglieder der Herde, indem sie sich als Propheten der Vernunft und der Befreiung ausgeben, oder indem sie alles mögliche unternehmen, um den Eindruck der Heiligkeit auszustrahlen.

Erstere sind die obergescheiten Häretiker, die auf Kosten des kirchlichen Lehramtes so scheinbar vernünftige Kompromisse wie verheiratete Priester, weibliche Priester und – welche Überraschung – ein Nachgeben gegenüber dem sechsten Gebot als zeitgemäss und modern und überhaupt notwendig propagieren. Derjenige, der der Tradition treu ist, braucht diese Wölfe nicht fürchten.

Letztere aber müssen wir fürchten: Sie sind dem Glauben und der Tradition verpflichtet, beten eifrig, opfern viel, alles an ihnen scheint rechtgläubig. Es sind die Scheinheiligen, oft im Priesterrock. Da gab es einen Priester, der zu einer Hochzeit geladen war. Bevor er losfuhr, vertilgte er ein opulentes Mahl zuhause und auf die erstaunte Bemerkung, dass er doch kurz vor einem Hochzeitsmahl stünde, sagte er: „Nein, nein. Vorsicht! Dort darf man nicht den Eindruck geben, dass man ein Schlemmer wäre.“ Was hätte ein völlig normaler alter Dorfpfarrer diesem erzählt?! Bei einer anderen Gelegenheit beschwerte sich ein Seminarist bei einem Vorgesetzten, dass dieser ihn unmenschlich behandle, worauf dieser die bemerkenswerte Antwort gab: „Ein Priester muss übernatürlich sein, nicht menschlich.“ Was hätte der heilige Pius X. diesem Priester gesagt, der hier die Gnadenlehre des heiligen Thomas Aquinas, wonach die Gnade der Natur bedarf, um hundertachtzig Grad verkehrte? „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Es ist ein Naturgesetz, dass kein Baum Früchte einer anderen Art hervorbringen kann, und so verrät der angeblich so Heilige seine wahre Gesinnung, wie die beiden obengenannten Priester. Sie können noch so viele Verdienste haben, sie sind die falschen Wegweiser. Der erste Priester predigt durch sein eigenes Beispiel den Schafspelz, indem er nicht die Enthaltsamkeit, sie selbst nicht habend, sondern das Vorzeigen derselben empfiehlt. Er züchtet nicht die echten Tugenden unter den Gläubigen, sondern den Pharisäismus. Der zweite Priester geht noch einen Schritt weiter: Er vermutet sich selbst im Gnadenstand und schliesst daraus, dass alle Tugenden in ihm sind. Dass er das auch noch predigt, ist zerstörerisch. Glaubt er etwa, dass ein von Natur aus liebloser Mensch nur die Sakramente empfangen muss, um vor Liebe zu strahlen? Gibt dem Dorftrottel die Firmung das Licht der Weisheit? Gibt dem Jähzorningen die Beichte die Sanftmut? Der erste Priester glaubt, es genügt, die Tugenden vorzuexerzieren und weiss nicht, dass sie nur auf der Liebe wachsen können. Der zweite Priester glaubt, man muss diese gar nicht übermässig vorexerzieren, sie kommen mit dem übernatürlichen (= sakramentalen) Opferleben. Hat er die Weisheit der ersten Väter in der Wüste vergessen, dass man, wenn man alle Untugenden besiegt hat, vor der schlimmsten Sünde des Hochmutes stehen kann?

Der dritte Fehler ist dann die Konsequenz: „Die Betrachtung ist fast noch wichtiger als das Brevier,“ sagte ein dritter Priester. Die Betrachtung aber ist der subjektive Blick auf die Heilige Schrift, das Brevier aber das objektive Lesen und Beten derselben.

So werden dann die Gläubigen geformt durch die vorgezeigten Tugenden, die Lieblosigkeit im Namen des Übernatürlichen und das subjektive Verständnis der Heiligen Schrift, statt der frommen Unterordnung unter die liebevollen Worte Christi und die Lehre der Kirche. Die Früchte sind verschreckte Gläubige, schmelzende Gemeinden, sich leerende Seminare und ein Aufblühen der Pharisäer und der religiös Wahnsinnigen.

„Nicht jeder, der mich Herr, Herr, anredet, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters tut, der im Himmel ist.“

Mit dem Wort „Herr“ meint Christus nicht die spätere häufige Bezeichnung im Neuen Testament, sondern die Ansprache an den Vorgesetzten. Diese äussere Ehrbezeichnung, z.B. durch die Teilnahme an der Sonntagsmesse und den knieenden Empfang der hl. Kommunion, die Wallfahrt, Sühnenacht und Kreuzwegandacht, genügt nicht, vielmehr ist die Grundeinstellung nötig. Der Mensch urteilt allzu gerne nach einzelnen Taten und Erscheinungsformen. Gott aber vergibt „sieben Mal siebzig Mal.“ Er schaut aus dem Licht des Allwissenden auf die Grundeinstellung, die ständige Bemühung. Wenn man die Grammatik des griechischen Textes untersucht und den Kontext betrachtet, sieht man, dass Gott nicht fragt: „Was hast du getan?“ sondern „Was bist du?“

Selbstverständlich ist die Todsünde ein Bruch im Verhältnis mit Gott und ist immer schwere Bosheit, wenngleich sie nicht aus der Bosheit heraus geschieht, was meistens nur beim Teufel der Fall ist. Darum ist auch hier die Grundeinstellung wichtiger, denn nur aus ihr kann die Sünde wider den Heiligen Geist, also die nicht bereubare kommen. Christi Aufforderung betrifft also die Grundeinstellung, die ständige, schlimmstenfalls in der Schwäche unterbrochene Bemühung, den Willen des Vaters zu tun.

Hier können auch wir alle Wölfe im Schafspelz werden, wenn wir den falschen Hirten folgen, die uns das äusserliche Vorzeigen der Tugenden, die Lieblosigkeit und die Betrachtung der eigenen Perfektion als Wegweiser geben. „Wie der Herr, so's Gscherr,“ sagt man im Österreichischen.

Wir aber haben, wie Christus sagt, nur einen Herrn, seine wahren Diener erkennen wir zuerst an der Liebe, denn, wenn wir die nicht haben, versetzt unser Glaube vielleicht Berge, aber für nichts und wieder nichts.

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